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dieser beitrag wurde verfasst in: deutsch (ger/deu/de)

künstler: Richard Seewald

titel: Griechische Landschaften [Stätten des antiken Griechenland]: Felsige Küste. Pinie und Cypresse. Griechisches Schiff. Athen. Olympia. Delphi. Ithaka. Korfu. Cypern. Akrokorinth. Naxos. Korinth. Sunion. Aigina. Poros

jahr: 1961

adresse: Hofgarten (Nordarkaden), Galeriestrasse, München

+: 15 Fresko-Grisaillen. Die Hofgartenarkaden waren 1952–54 durch die Baufirma Hans Fries nach Plänen und unter Leitung von Josef Wiedemann (mit Karl Habermann) wiederaufgebaut worden. (Quelle: Bayrische Schlösserverwaltung, München)

Die Texte unter den Bildern lauten:

  • «Athen / O glänzende, veilchenumkränzte, besungene Stätte, / Bollwerk von Hellas, ruhmreiches Athen, du göttliche Stadt. / Pindar»
  • «Olympia / Wohl ist Wasser das beste Gold / wie das lodernde Feuer durch die Nacht, so strahlts heller als alle glücksmehrenden Schätze. / Doch wenn dichs, mein trautes Herz, / drängt, ein Kampfspiel zu preisen, / dann zur Sonne nur den Blick: Denn es schwebt durch den leeren Äther / kein Gestirn bei Tag. Das Mehr [sic] / leuchtet und erwärmt: so auch glänzt Olympia. / Pindar»
  • «Delphi / In die heilige Nacht: Des erwachenden Tags weltfreuenden Kuss / ihn empfangen bereits des Parnassosgebirgs lichtstrahlende flammige Häupter. / Schon fliegt zu dem Dach des Apollon der Rauch von der Myrrhe hinan / Ion»
  • «Ithaka / Ithaka liegt in der See am höchsten hinauf an die Feste. Gegen den Nord die anderen Inseln sind östlich und südlich. Rauh ist diese, doch nähret sie rüstige Männer. Und wahrlich süsser als Vaterland ist nichts auf Erden zu finden. / Homer»
  • «Korfu / Ein weisser Glanz ruht über Land und Meer / und duftend schwebt der Äther ohne Wolken. Und nur die höchsten Nymphen des Gebirgs erfreuen sich des leichten Schnees auf kurze Zeit / Goethe»
  • «Zypern / Singen will ich von Aphrodite, der Züchtigen, Schönen, golden Bekränzten. Das meerumflossene Kypros ward ganz ihr / samt seinen Zinnen, verliehn. / Homer»
  • «Akrokorinth / Kehren die Kraniche wieder zu dir? Und suchen zu deinen Ufern wieder die Schiffe den Lauf? Umatmen erwünschte / Lüfte dir die beruhigte Flut? Und sonnet der Delphin, / aus der Tiefe gelockt am neuen Lichte den Rücken? Blüht Ionien, ist es die Zeit? / Hölderlin»
  • «Naxos / Des Ilyssos honigfliessende Fluten eilig verlassend, / floh der zärtliche Bakchos, vom festlichen Schwarm geleitet, / hin zum gewölbten Schild des traubentragenden Naxos / Nonnos»
  • «Korinth / Ich will kenntlich machen das gesegnete Korinth, die Vorhalle / des Poseidon vom Isthmos, das Jünglingsstolze. / Pindar»
  • «Sunion / Wohl manches Land der lebenden Erde möcht ich sehn, und öfters über die Berge enteilt / das Herz mir und die Wünsche wandern / über das Meer zu den Ufern die mir vor andern, so ich kenne, gepriesen sind. / Doch lieb ich in der Ferne nicht eines mir wie jenes, wo die Göttersöhne schlafen, das trauernde Land der Griechen. / Ach! Einmal dort an Suniums Küste möcht ich landen…»
  • «Aigina / Wir Flüchtigen: Was wir sind, schon sind wirs nciht mehr. Ein Traum / des Schattens, das ist der Mensch. Aber kommt nur ein Strahl von Gott her, gleich ist es hell und das / Leben dünket uns freundlich. / O Aigina du Mutter vertraute, führ den Pfad / der Freiheit deine Stadt mit Zeus / Pindar»
  • «Poros / Einer meint: die Reiter, ein anderer Fussvolk. Mancher: Schiffe seien der dunklen Erde schönstes Gut / Sappho»

«Die Krönung von Ludwigs zweitem Sohn Otto zum König von Griechenland 1832 gab vermutlich den Anlass, dass Ludwig noch im gleichen Jahr die Ausschmückung der Nordarkaden im Hofgarten mit Bildern zu einem griechischen Thema beschloss. [Leo von] Klenze schlug wiederum Landschaftsbilder vor, und zwar nicht mehr in Freskotechnik, sondern in Enkaustik, einem antiken Malverfahren, das die Thematik noch unterstreichen sollte. 1838 begann [Carl] Rottmann mit der Ausführung. Vorausgegangen war – wie auch bei den Italienbildern [Rottmanns für die nördlichen Westarkaden, heute im Allerheiligengang der Residenz] – eine Studienreise im Auftrag und mit Anweisungen des Königs. Aus Angst vor Witterungseinflüssen und mutwilligen Beschädigungen, die Rottmann bei einigen Italienbildern hatte hinnehmen müssen, bemühte er sich um einen anderen Anbringungsort als die Hofgartenarkaden. Ludwig gab seinem Drängen nach und entschied sich für die Neue Pinakothek, wo der Griechenlandzyklus 1853 – drei Jahre nach Rottmanns Tod – in einem eigens dafür bestimmten Raum ausgestellt wurde.

Trotz dieser Planänderung wurde die Idee einer Ausmalung der nördlichen Hofgartenarkaden zu einem griechischen Thema nicht aufgegeben. Von 1841 bis 1844 schuf Christoph Friedrich Nilson 39 Fresken mit Szenen aus dem Befreiungskampf Griechenlands gegen die türkische Herrschaft. Die Entwürfe stammen von Peter v[on] Hess, der von Ludwig vor allem als Schlachtenmaler geschätzt wurde und der zudem 1832/1833 Otto I. nach Griechenland begleitet hatte. An die Stelle der im Zweiten Weltkrieg völlig zerstörten Fresken kamen 1961 Grisaille-Illustrationen zu Texten klassischer Autoren von Richard Seewald.» (Schedler, S. 96–97)

«Hier hatte man die Arkaden wieder aufgebaut, und man ging damit um, dort, wo eigentlich einmal die griechischen Bilder Rottmanns ihren Platz finden sollten und die kleinen Szenen aus dem griechischen Freiheitskampf von Hess durch den Krieg restlos zerstört worden waren, neue griechische Bilder an die Wand malen zu lassen. Der Auftrag dafür fiel mir zu. Ich habe schon davon berichtet, wie Eckart Peterich mich in der Münchner Presse als quasi dazu vorbestimmt für diese Arbeit empfahl. Peter Meyer hatte mir bei meiner Berufung nach München aus Zürich geschrieben, ich solle meine Stunde nützen [sic] und die Nachfolge Rottmanns antreten.

[…] Ich hatte Glück. Meine Entwürde wurden von der zu diesem Zweck gegründeten Jury einstimmig genehmigt, obgleich sie von einer grossen Kühnheit waren. Die Rückwand der gesamten Arkaden ist nämlich in einem starken pompejanischen Rot gestrichen, nur da, wo die Schaufenster von Läden aufhörten, hatte man in der gleichen Grösse graue Vierecke ausgespart. Oben begleiteten sie kleinere. Ich sollte, wurde mir vorgeschlagen, meine Bilder in die grossen Vierecke hineinmalen. Ich lehnte diesen Vorschlag ab mit der Begründung, dass mir einmal 15 hochformatige Landschaften nebeneinander zu malen verfehlt zu sein schien, da jede Landschaft natürlicherweise die Ausdehnung nach der Breite wolle, zum anderen, dass sie dort in Reichweite von Kinderhänden lägen, so dass sie kaum einen Sommer ohne schwerste Beschädigungen überleben würden. Ich zog dafür je zwei kleinere Felder darüber zusammen und malte in sie meine Bilder. Ich malte sie Grau in Grau, denn welche Farbe hätte sich neben dem heftigen Rot halten können? In die unteren Felder liess ich klassische Verse schreiben, die so auszuwählen, dass sie den jeweiligen Bildern darüber entsprächen, nicht meine geringste Freude war. Die Reihe der Dichter reicht von Homer, Pindar und der Sappho bis zu Goethe und Hölderlin.» (Seewald 1977, S. 327, 330)

«Hier ist Griechenland! rief ich befreit aus und habe Cypern in den Hofgartenarkaden in München unter die griechischen Inseln versetzt. Rhodos' ungeheure Mauern sah ich noch immer belagert von den turbantragenden Leichensteinen seiner späteren Besieger, Zeugen des nie endenden Kampfes zwischen Morgenland und Abendland.

Und dann entdeckte ich [1934] Griechenland, das seit Rottmann, das heisst seit hundert Jahren, augenscheinlich kein Malerauge mehr des Anschauens für würdig gefunden hatte.» (Seewald 1977, S. 228–229)

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