www.mural.ch: werke

dieser beitrag wurde verfasst in: deutsch (ger/deu/de)

künstler: Alfred Hanf

titel: Hinan zum Leben

jahr: 1924

adresse: Reichsferienheim der Sozialistischen Arbeiterjugend SAJ (auch: Friedrich-Ebert-Heim; Speisesaal), Tännich, Deutschland

+: Wandbildzyklus über vier Wandflächen, ca. 50 m2. Bis auf wenige Reste verloren.

«Alfred Hanf gehörte zu der in Erfurt umtriebigen Künstlergruppe Jung-Erfurt, die sich nach dem Vorbild des Arbeitsrats für Kunst gegründet hatte. Im Auftrag der SAJ rea­lisierte er im großen Erdgeschosssaal des auch Friedrich-Ebert-Heim genannten Feri­enheims sein vielfiguriges Monumentalgemälde, das sich über alle vier Wandflächen über eine Fläche von etwa 50 m2 erstreckte. […] Die Wandmalerei, die er mit Erdfarben auf dem vorhandenen Putz ausführte, breitete sich ohne Unterbrechung durch architektonische Elemente nahezu lückenlos über die gesamte zur Verfügung stehende Wandfläche zwischen Sockelzone und Decke aus, wie die zeitgenössisch publizierte Postkartenserie mit Originalfotografien dokumentiert. Hanf bezog Raumelemente wie Türdurchbrüche oder Fenster als Gestaltungselemente in seine Komposition mit ein; so fungierte eine Tür gleichsam als Thron oder Sockel für die Mutter mit Säugling, zu der im Bild Aufstieg von beiden Seiten unbekleidete Figuren aufsteigen. Die Postkartenmotive sowie die Aufnahmen bei Cornelia Nowak zeigen anschaulich, dass es sich um lebensgroße Figurendarstellungen handelte und der Erdgeschosssaal als gemeinschaftlicher Essensraum genutzt wurde. In expres­sionistischer Formensprache stellte Hanf einen Zyklus des menschlichen Lebens und Leidens dar, auf den auch der Titel Hinan zum Leben hinweist. Er vermied dabei sowohl in Hintergrundgestaltung als auch in der Figurdurchbildung Dreidimen­sionalität oder perspektivische Darstellung. Es schien ihm mehr um eine flächige Ausbreitung seiner Malerei zu gehen, lediglich in einigen Figurüberschneidungen wird Räumlichkeit sichtbar. Die Thematik des Gemäldezyklus interpretierte Cornelia Nowak überzeugend als Reaktion auf die jüngste deutsche Geschichte, gleichsam als eine Reflektion der

'kollektiven Angst- und Hoffnungserfahrungen der Jahre von1914 bis 1924 […und der] Zeit des 'zielstrebigen Kulturwiederaufbaus', dem er sich zutiefst verpflichtet fühlte.'

Außerdem verband Hanf gewissermaßen religiöse Vorstellungen mit sozialistischem Gedankengut, was auch dem Träger und Auftraggeber der Wandmalerei in Tännich, der SAJ, geschuldet sein mag. In dieser Strategie zeigt sich eine Parallele zu Völkers Werken im Verlagsgebäude des Klassenkampfes in Halle.

Mit der Machtergreifung 1933 wurde das Reichsferienheim als solches geschlossen und in der Folgezeit für die nationalsozialistische Jugend- und Dozentenerziehung und in Zeiten der DDR als FDJ-Freizeit- und Erholungszentrum genutzt. Die Raum­situation wurde vermutlich durch umfassende Umbauten in den 1960er-Jahren vollständig verändert, und das Wandbild ging bis auf wenige Stellen in den Fenster­laibungen verloren.» (Schuler 2017, S. 266–267)

  • bildschirmfoto20210312um200805kl.png
  • bildschirmfoto20210312um200910kl.png
  • bildschirmfoto20210312um201037kl.png
  • bildschirmfoto20210312um201114kl.png