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dieser beitrag wurde verfasst in: deutsch (ger/deu/de)

Alex Winiger, Führung am 21. Januar 2018

Avantgardistische Provokation zum Zeitpunkt eines kunstpolitischen Krebsgangs

Schulhaus Letten: Wandbildzyklen von Paul Bodmer

Wir stehen vor einem Gemälde Paul Bodmers (1886–1983), im Direktauftrag der Architekten 1914 ausgeführt. In den Obergeschossen des Schulhauses befinden sich zwei weitere, vergleichbare Bemalungen. In der Durchgangshalle haben wir beim Eintreten Tier- und Landschaftsdarstellungen des gleichen Künstlers gesehen. Jene führte er 1916 aus, als Ersatz für acht je hälftig von ihm und von Reinhold Kündig (1888–1984) ausgeführten, in der Literatur als „abstrakt-dekorative Kinderbilder“ bezeichneten Lunetten.

Die originale Bemalung löste wie der ähnliche Fall an der Uni Zürich (Bodmer und Kündig waren auch dort involviert) wüste Reaktionen seitens der Lehrerschaft aus. Die Architekten schlugen sich (wie dort) auf die Seite der Künstler. Im Rahmen der Präsentation des Schulhausbaus in Werk 3 (1916), Heft 8 erfuhren die Bilder und ihr Schicksal eine breite Würdigung. Auch die einzigen vorhandenen Abbildungen stammen aus diesem Artikel.

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Abb. Kündig, Bodmer, Letten 1914

«Die beiden jungen und gut zusammenstimmenden Maler Bodmer und Kündig haben im Auftrag der Architekten die acht Bogen im Innern der Durchgangshalle mit Malereien geschmückt, einfache Kompositionen aus dem Kinderleben und aus Kinderträumen von prächtiger Farbigkeit und feinempfundener Linienführung. Es ist ein wundervolles Bilderbuch, das den Kindern am Eingang zu ihrem Schulhaus aufgeschlagen ist – werden sollte, denn die Herren Lehrer fanden diese Betonung des Spieltriebes beim Kinde als unpädagogisch; der Zeichenlehrer mochte fürchten, dass die Kinder an seiner Korrektheit und Perspektive zu zweifeln anfangen könnten; die einen entrüsteten sich sittlich, die andern künstlerisch, die dritten, weil ein Lehrer sich überhaupt immer entrüsten muss. Die Herren Oberlehrer an der Universität hatten ja seinerzeit das gute Beispiel gegeben, dass die Lehrer zur Wahrung der Kunst berufen sind; da zudem das Opfer der pädagogischen Entrüstung das gleiche war, so fühlte man mit gedecktem Rücken noch grösseren Mut – und liess die acht Bilder kurzerhand mit grauer Pappe verkleiden. Das Unrecht gegen Architekten, Maler und Kinder empfand man nicht. Die Bilder blieben geheimnisvoll verborgen, und das einzige, was man erreichen konnte, war, dass den gleichen Künstlern der Auftrag gegeben wurde, neue Bilder zu malen. [...]»

Bodmer und Kündig hatten kurz zuvor Direktaufträge Karl Mosers zur Ausmalung öffentlicher Bereiche der Uni erhalten, die von der Presse heftig attackiert wurden. Bodmer hatte 1913 bereits einen Wettbewerb für die Ausmalung des Dozentenzimmers gewonnen, eines Raums, der schliesslich mit dem Senatszimmer zusammengelegt wurde. Den Auftrag im Dozentenzimmer konnte Bodmer nicht ausführen. Die Dekoration der Wandelhalle musste er 1916, also gleichzeitig wie diese im Letten-Schulhaus, übermalen. (Zwei davon wurden anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums 2014 wieder (teilweise) freigelegt.)

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Abb. Bodmer, Wandelhalle Uni

Kündig malte im englischen Seminar ganz ähnliche Bilder wie hier im Schulhaus, ausserdem eine Nische und mehrere Supraporten im Eingangsfoyer zur Künstlergasse. Letztere existieren noch und lassen eine Ahnung zu, wie die Bemalungen in der Durchgangshalle des Letten-Schulhauses ausgesehen haben können.

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Abb. Kündig, Supraporte

Aber was war denn eigentlich das Anstössige an diesen Bemalungen? Zunächst fällt auf, dass die Formensprache praktisch die gleiche ist wie diejenige der Uni-Figuren: dünne, hart und flach gemalte Knaben und Mädchen mit schwarzen, mandelförmigen Augen und dem „archaischen Lächeln“, das im Umkreis von Otto Meyer-Amden geläufig war.

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Abb. Meyer-Amden

Abb. Kouros von Tenea (560 v. Chr.)

Im Unterschied zu den Bildern an der Uni waren die Figuren hier im Schulhaus Letten nicht nackt. Dieser Kritikpunkt fiel demnach weg. Trotzdem war das Verdikt klar: die Bemalungen mussten, wenigstens im öffentlichsten Bereich der Durchgangshalle, verschwinden.

Ich kenne keine Kritiken zu den Gemälden über die im Werkartikel angedeuteten hinaus. Aufgrund der grossen Bildanalogien und der Gleichzeitigkeit können wir aber auf den Fundus an öffentlichen Reaktionen auf die Gemälde an der Uni zurückgreifen. Besonders aggressiv äusserte sich der Germanist und Mediävist Ferdinand Vetter (1847–1923) gegen die Bemalungen, die folgende Aussage bezieht sich auf ein Werk Karl Hügins (Abb.), das sich am besten mit den hiesigen vergleichen lässt:

«Im Deutschen Seminar wälzen sich, die Füsse gegeneinander gestemmt, zwei auf rotem Grunde lungernde knallblau gewandete Weiber, hilflos einarmig, zwischen fliegenden Möwen und sich kratzenden Hunden herum [...]. Eine andere Wand desselben Raumes zeigt ein vor Magerkeit schlotterndes, nacktes männliches Scheusal zwischen zwei rücklings auf dem Boden liegenden Männern in roten Fräcken und Hosen, mit unendlichen Beinen und gänzlich verkümmerten Füsschen. [...]»

Ähnliche Stellungnahmen fanden sich in mehreren Tageszeitungen, eine besonders aggressive auch im Volksrecht (6.1.1915):

Zu Bodmers Werk in den Wandelhallen: «Diese seelenlosen nackten Menschen zu Ross und zu Fuss [...] sind schlecht gezeichnet und ohne jeden rhythmischen Zusammenhang. [...] Auch das Laubrankenwerk, mit dem die schwächsten Stellen verschleiert werden sollen, hilft gar nichts [...].» (etc.)

Und weiter:

«Was das Volk bezahlt, will es auch geniessen. Es hat kein Verständnis für eine dekadente, hysterische Kunst, mit der blasierte Feinschmecker ihre erschlafften Nerven kitzeln, sondern dürstet nach einer gesunden, grossen Kunst, die es über die geistige Öde und das materielle Elend des täglichen Lebens erhebt: nach einer Kunst, die eine Quelle der Freude, die Verkünderin und Trägerin der Schönheit ist.»

Der oben zitierte Ferdinand Vetter sieht in Ferdinand Hodler, dessen Gemälde Floraison 1914 als zentrales Werk in der Uniaula vorgesehen war, den «Oberverführer» (nämlich zur darstellerischen Disziplinlosigkeit). Das ist kein Zufall. Hodler und die um ihn gruppierte Kunstströmung war, nachdem sich dieser mit seinem Marignano-Gemälde im Waffensaal des Landesmuseums 1899 durchsetzen konnte, zum Massstab der eidgenössischen Kunstförderung geworden. Zugleich bahnte sich gegen 1910 eine konservative Gegenbewegung an, die Sezession. Diese trat 1913 mit einem lautstarken öffentlichen Protest gegen Emil Cardinaux Plakat zur Berner Landesausstellung (1914) an die Öffentlichkeit. Die Debatte um das «Spinatpferd» führte zu einem parlamentarischen Vorstoss mit der Forderung, alle Kunstströmungen (also auch die konservative) gleichermassen zu fördern.

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Abb. Cardinaux, Abb. Behrens

Das Klima war in der Schweiz 1914, wie wir sehen, für künstlerische Experimente in der Öffentlichkeit nicht günstig. Es gibt weitere Fälle. 1915 konnten Otto van Rees und Hans Arp für die Privatschule des Reformpädagogen Han Coray in Zürich-Hottingen das erste quasi abstrakte Wandgemälde an einem Gebäude realisiert. Dieses musste 1918 bereits wieder verschwinden und wurde erst 1975 wieder freigelegt. Danach war Oskar Lüthy, ein weiteres Gründungsmitglied des Modernen Bundes, der erste, der ein ungegenständlichen Monumentalgemälde in Zürich realisieren konnte: 1939 im Konzertsaal des Radiostudios Zürich von Otto Dürr.

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Abb. Arp / van Rees

Die Angriffe auf Hodler waren sicher in erster Linie kunstpolitisch motiviert. Die „gesunden“, kräftigen Gestalten Hodlers waren, wenn auch nicht naturalistisch, 1914 in der Bevölkerung breit akzeptiert. Anders steht es um die gut dreissig Jahre jüngeren Protagonisten unseres Kunstskandals. Die Angriffe auf sie zielten substantiell auf ihr Werk.

Wer waren aber unsere avantgardistisch angehauchten Provokateure?

Paul Bodmer und Reinhold Kündig hatten sich 1903 als Theatermalerlehrlinge kennengelernt und arbeiteten danach eine Weile an Theatern in Berlin und Düsseldorf. Mit von der Partie war auch Hermann Huber (1888–1967), mit dem Kündig in Zürich-Wiedikon die Sekundarschule besucht hatte. Kündig war ausserdem seit der Jugend befreundet mit Heinrich Bräm, einem der Schulhausarchitekten.

Kündig und Huber schlossen sich 1911 dem expressionistischen, unter anderem von Hans Arp in Meggen initiierten Modernen Bund an, eine Art Selbsthilfegruppe, die in den knapp drei Jahren ihrer Existenz zahlreiche Ausstellungen in der Schweiz und Deutschland auf die Beine stellte. Bodmer und Kündig gehören ausserdem einer informellen Gruppierung um den Berner Otto Meyer an (aufgrund seiner jahrelangen Ermitage in Amden ob Weesen Meyer-Amden genannt). Zu dieser Gruppe gehörten ausserdem Oskar Schlemmer und Willi Baumeister, beide später prominente Vertreter der bildnerischen Moderne in Deutschland. Die Künstler, allesamt in den 1880er-Jahren geboren, hatten einander bei Adolf Hölzel in Stuttgart kennengelernt, der stark an Formfindungsprozessen und der abstrakten Figuration interessiert war und Methoden wie das automatische Zeichnen verfocht. Meyer muss in diesem Kreis bereits einen sagenhaften Einfluss gehabt haben. Seine kleinformatigen Zeichnungen sind verinnerlichte, langsam aufgebaute und superpräzise, meist aus der Vorstellung verfasste figurative Darstellungen mit einem mystisch-religiösen und biografischen Hintergrund und (homo)erotisch unterlegt. Dazu Mario Lüscher in Kunst-Bau-Zeit 2014 (S. 131)

«[...] Als ‚Träger seelischer Dynamik‘ (Schlemmer) und eingebunden in eine konstruktive Geometrie, standen Meyer-Amdens Knabenakte für ein Arbeiten an der Form, die vor allem eine neue Sinnhaftigkeit in sich zu tragen beanspruchte. Dieser spirituellen Suche schlossen sich auch seine Zürcher Bewunderer an: Reinhold Kündig exzerpierte in seinen Notizheften Kandinskys Schriften, Paul Bodmer forschte in der Künstlerkolonie Worpswede der Mystik ländlicher Idylle nach, während man in der Vereinigung Der Moderne Bund den Anschluss an die europäische Avantgarde suchte. Das Figurenrepertoire der Universitätsmalereien lokalisiert sich denn auch zwischen den primitivistischen Tendenzen der Fauves und Meyer-Amdens vergeistigter Formensprache. Die Zürcher Künstler legten dabei mit stetem Verweis auf den inneren Gehalt ihrer Arbeiten eine gewisse formale Unbeschwertheit an den Tag, was ihnen im Zürcher Kunstskandal und in den nachfolgenden Jahren herbe Kritik einbrachte.»

Sigfried Giedion schreibt 1934 über Meyer-Amden:

«Im Werk Meyer-Amdens kündigt sich das Spiegelbild einer Schweiz an, wie es bis heute noch nicht gezeigt wurde. Jedes billige äusserliche Lokalkolorit, jedes Auftrumpfen und Kraftmeiertum ist verschwunden. Blossgelegt wird nur, ebenso zart wie eindringlich, das innere Wesen, das sonst nicht nach aussen tritt.»

oder:

«Das Werk Meyer-Amdens ist eine unaufhörliche Diskussion zwischen den Hemmungen und Verboten in ihm und um ihn und dem hartnäckigen Willen, darüber hinaus zu einer Klärung der Form zu gelangen.»

«Die Zürcher Künstler machten die Universität [und hier die Schule] bis zu einem gewissen Grad zum Experimentierfeld, indem sie sich vor allem dem technisch-formalen Virtuosentum, der akademischen Aktdarstellung, der Zentralperspektive und dem Illusionismus jeglicher Art verweigerten. Gegen die gängige Symbolik setzten sie zum Teil Bildlösungen, die dunkel und unverständlich waren, da sie mehr individuellen Mythologien und weniger der Bildtradition folgten. Gerade Bodmer hatte bei aller Entsexualisierung seiner Figuren ein androgynes Ideal vor Augen, das latent mit Homorerotik aufgeladen war. Der Ephebenkult, der seit der Décadence in vielen Teilen Europas gepflegt wurde, besass im Freundeskreis von Otto Meyer-Amden bei aller Blässe auch etwas Subversives, indem er das in der Eidgenossenschaft verbreitete Ideal eines harten, athletischen und wehrbereiten Mannes in Frage stellte.» (aus: Matthias Vogel, Idylliker als Skandalkünstler, in: Hildebrand, von Moos, Kunst-Bau-Zeit, Zürich 2014, S. 274)

Karl Moser äusserte sich zu Kündigs Gemälden an der Uni in einer Tagebuchnotiz:

«Kündig [...] dass er [...] [...] er male Erlebnisse wie Die Bilder, die er im Vestibül male sei der Ausdruck des Kampfes und der Verwirrung in der er sich befunden habe und er sich entlastet. Es ist also ein Stück Menschenschicksal in diesen Bildern. Obwohl ich dieselben noch nicht als letzte Aeusserungen ansehe so nehme ich diese Malereien doch an. Christus Goethe, Böcklin Marrès sagten alle, wir müssen werden wie die Kinder. Nun. Die Künstler der Zürcher Gruppe streben nach diesem Ideal, nach dem reinen unverfälschten Ausdruck der Seele, und suchen sich so rein alls möglich zu erhalten Sie haben sich in dieser Beziehung als Charaktere bewiesen.

Die Sprache, deren sie sich bedienen ist infolge dessen eigenartig (und) oder originell. Sie muss auch eigenartig oder originell sein, weil das [...] der [...] Vorgänge sich nicht formen bedienen kann, mit denen niemals Seele ausgedrückt werden kann oder ausgedrückt worden ist. Sie müssen ihre Sprache dazu suchen, und wir müssen damit zufrieden und schliesslich froh sein sein, dass es Künstler gibt die diese Wege suchen.

Unsere Zeit hat sich daran gewöhnt Könner zu verlangen und Könner zu verehren, wobei unter Könnner der Formensystematiker verstanden ist. Man ist von den Erfolgen der Photographie so ergriffen, dass man die photographische Gegenständlich auch vom Künstler verlangt und nicht etwa ein Wort seiner Seele einer Offenbarung seines Geistes.

Man verlangt Fingerfertigkeit aber nicht Geistestätigkeit.»

Was wird aus den Protagonisten der Turbulenzen an der Uni und im Schulhaus Letten?

Bodmer: Staatskünstler par Excellence. Sein bekanntestes Werk ist heute der Zyklus im Fraumünsterkreuzgang, an der Landi hängt sein Werk „Lied der Heimat“.

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Abb. Fraumünsterkreuzgang

Kündig führt später noch zwei Monumentalbilder aus, ein religiöses («Sündenfall») im Zwinglihaus (1925) und eines unter dem Titel «Kinderferien» 1953 in einem Schulhaus in Horgen. Sein Werk in den 1930er-Jahren besteht aus Landschaftsbildern in der Manier von Gustave Courbet.

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Abb. Kündig, Landschaft 1933

Karl Hügin (mit dem «männlichen Scheusal» im Deutschen Seminar), wird wie Bodmer zum Vielproduzierer und Offizialkünstler der Zwischenkriegszeit, mit prominenten Werken unter anderem in der Rentenanstalt oder im Landratsgebäude Liestal (letzteres nennt sich bezeichnenderweise „Staatstragende Kräfte“).

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Abb. Rentenanstalt 1937–39

Hermann Huber verlässt die expressionistische Ausdrucksweise zugunsten einer ganz leicht naiv angehauchten Sachlichkeit und kann vorallem unter der Schirmherrschaft Hermann Herters noch einige Gemälde an öffentlichen Gebäuden ausführen, u.a. am Amtshaus III und (zusammen mit Bodmer) im Milchbuckschulhaus.

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Abb. Amtshaus 1934

Der Spiritus rector der Bewegung, Otto Meyer-Amden, stirbt 1933 in Zürich. Zuvor (1925) kann er ein Kirchenfenster für das Zwinglihaus entwerfen, wo Hermann Huber, Paul Bodmer und Reinhold Kündig gleichzeitig Wandgemälde ausführen. Ein zweiter Auftrag in Rüschlikon scheitert am Argument des dortigen Kommissionspräsidenten, Meyer hätte (1924) im Kunsthaus pornografische Arbeiten gezeigt.

Alles vergebens? Versuche, Ausläufer dieses Ausdrucks zu finden

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Abb. Berta Tappolet und Luise Meyer-Strasser, Kindergarten Zentralstrasse 1931: die Abstraktion erscheint (etwas harmloser) in der Illustration für Kinder wieder.

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Abb. Hartung, Siedlung Sihlfeldstrasse, 1928: Anklang an das „bunte Magdeburg“ Bruno Tauts

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Abb. René Auberjonois, La Belle de Dézaley, Puidoux, 1935 (aus Wettbewerb hervorgegangen): ein Skandalbild der 1930er-Jahre

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Abb. Anita Rée, Uferstrasse Hamburg 1929 (1933 auf Veranlassung der weiblichen Lehrerschaft verhängt, 1942 übermalt)

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Abb. Elisar von Kupffer, Klarwelt der Seligen, Minusio 1925

Von Kupffer begründete zusammen mit seinem Lebenspartner Eduard von Mayer die Religion des „Klarismus“ und baute in seine Villa in Minusio zum Tempel aus. Das 25 m lange Gemälde war ein Teil davon. Die Gemeinde Minusio erbte das Haus, wollte aber vom Gesamtkunstcharakter nichts wissen und riss in den 1970er-Jahren das ganze Interieur heraus. Harald Szeemann rettete wenigstens dieses Gemälde, das nach einigen Ausstellungen jahrzehntelang in einem Schuppen auf den Monte Verità eingelagert war. Neu gibt es Bestrebungen, es wieder öffentlich zugänglich zu machen.

Zeitgeist wendet sich, jedoch: so seltsame Gestalten wie diejenigen Bodmers und Kündigs werden nie mehr auf die Wände gemalt. Nach 1945 geht das Interesse an der darstellenden Kunst im Westen allmählich verloren, während im Osten ab 1948 die Ausdrucksformen im Rahmen der Formalismusdebatte stark eingeengt werden.

Rundgang auf mural.ch: «Von Gottfried Semper bis Gottfried Honegger»