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dieser beitrag wurde verfasst in: deutsch (ger/deu/de)

verfasserin/verfasser: Björn Stüben

titel: «Muri ai pittori». Mario Sironi und die Wandmalereidebatte der 1930er Jahre

isbn: 3-89739-106-6

+: Weimar 2000

«Die Bemühungen um die Erneuerung der Wandmalerei in Italien, die von Künstlern wie Sironi oder Severini seit Ende der zwanziger Jahre mit Nachdruck vorangetrieben werden, münden nicht in die Schaffung einer 'Staatskunst', deren sich das faschistische Regime zu Propagandazwecken hätte bedienen können. Ganz im Gegenteil. Anlässlich der V. Triennale 1933 in Mailand, die sich als erste Ausstellung in Italien dem Konzept der 'Einheit der Künste' verschrieben hat, entbrennt eine polemische Debatte über die von Deformation gekenzeichneten Wandbilder, zu deren Schaffung Sironi die Malerkollegen aufgerufen hatte. um seiner theoretischen Neuformulierung des Dekorationsbegriffs Taten folgen zu lassen. Zu diesem Zeitpunkt tauscht der Begriff des 'Stils' in der Debatte auf. Sironi und seine Mitstreiter führen diesen rhetorisch gegen eine konservative Kritik ins Feld, die sich für die Verbreitung faschistischer Inhalte durch die Kunst einsetzt. Bei der Schaffung von Wandmalerei dem 'Stil' den Vorrang vor dem 'Inhalt' einzuräumen, hat zum Ziel, das Abgleiten dieser Kunst ins Illustrative zu verhindern. Hierdurch kann sie der Gefahr entgehen, auf das Niveau einer 'arte di stato' zu sinken, die sich lediglich als Vermittlerin politischer Botschaften versteht. Wenn Severini auf seine Vorstellung von einer 'kollektiven Kunst' zu sprechen kommt, wird deutlich, auf welchem künstlerischen Niveau die Erneuerung der Wandmalerei angesiedelt ist: 'Die Schwierigkeit besteht darin, die Qualität der Kunst und der Kultur ganz allgemein nicht auf ein dürftiges Mittelmass zu senken; wir müssen versuchen, die Massen an den wertvollsten kulturellen Reichtümern teilhaben zu lassen, da sie hierauf ein Anrecht haben.' […].» (S. 235–236)