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dieser beitrag wurde verfasst in: deutsch (ger/deu/de)

künstler (in grau: assistent/in): Werner Peiner, Willi Sitte

titel: Marksteine deutscher Geschichte (Deutsche Schicksalsschlachten): Die Schlacht im Teutoburger Wald, (Jahr 9). König Heinrich I. in der Ungarnschlacht, (15. März 933). Die Belagerung der Marienburg, (1410). Die Türken vor Wien, (1529). Friedrich der Große bei Kunersdorf, (12. August 1759). Die Schlacht bei Leipzig, (16. – 18. Oktober 1813). Die Tankschlacht von Cambrai, (20. November – 7. Dezember 1917). (Der achte, nicht überlieferte Entwurf, sah ein Ereignis aus der NS-Zeit vor, also eine entscheidende Schlacht aus dem II. Weltkrieg.)

jahr: 1939–40

adresse: Rheinisches Landesmuseum, Bonn, Deutschland (bestimmt für: Neue Reichskanzlei, Marmorgalerie, Vossstrasse / Wilhelmstrasse, Berlin)

+: 8 Gobelins (Wandteppiche) 5,40 x 10 m. Die Entwürfe befanden sich bis 2010 im Rheinischen Landesmuseum Bonn und sind in Privatbesitz. Die (nicht fertiggestellte und teilweise zerstörte) Neue Reichskanzlei wurde nach dem Zweiten Weltkrieg abgebrochen.

«Der geplante Tapisserienzyklus für die 'Neue Reichskanzlei' Stellt angesichts seiner historischen Schlachtenthemen und ihrer Realisierung als dekorative Wandteppichfolge einerseits einen Rückgriff auf eine Form absolutistischer Herrschaftskunst dar, zum anderen schliesst er an die Tradition national-programmatischer Zyklen der Düsseldorfer Malerschule an, die sie seit den Heltorfer Fresken zum ästhetischen Programm der Schule gehörten.» (Hesse, 1995, S. 259)

«In den Tapisserien gelingt es Peiner, ohne die Darstellung von 'Hakenkreuzen', Die Geschichtlichkeit des N[ational]S[ozialismus] zu allegorisieren und sie von vordergründigen Identifikationsmustern abzukoppeln. Seine Arbeiten treten dem Betrachter in der Maske bürgerlicher Bildungskunst entgegen. Sie sind in ihrer Darstellungsweise autoritativ. Sie tragen einen Überwältigungscharakter in sich, den Peiner dadurch erreichte, dass er sich tradierten Darstellungsmustern bürgerlicher Kunst bediente. […] Peiner benutzte die Topik bürgerlicher Kunst zur Darstellung nationalsozialistischer Ideologeme in den Tapisseriezyklen für die Repräsentationsgebäude: also nicht für die Privatspäre der NS-Politiker, sondern für die Präsentation des Staates nach aussen. Seine Tapisseriezyklen sind 'historische Visionen' des NS-Staates; sie sollten dem Nationalsozialismus zu einer Form bürgerlicher Tradition und zu einer Einbindung in die deutsche Geschichte verhelfen. Aber sie enthalten darüber hinaus spezifisch nationalsozialistisch-weltanschauliche Elemente. […]

'Im Sprachgebrauch des Nationalsozialismus geht es', so Martin Damus, 'Nicht um Wirklichkeit, sondern um die Wahrheit'. Die Wahrheit ist, so schlussfolgert M. Damus, das 'Wesen'. Zwar wurden Realitäten gefolgert, die es hiess ins Bild zu bringen, aber eine ausdrückliche Forderung Hitlers, 'den Wesensausdruck des Seienden und Bleibenden' zu versinnbildlichen, blieb offenbar zum grössten Teil in der Malerei des NS unerfüllt.

In den Tapisserien Peiners für die Berliner NS-Staatsbauten aber erfüllte sich dieser Anspruch. Die Arbeiten Peiners entsprechen in vollendeter Weise den Anforderungen des Nationalsozialismus und gewinnen solcherart eine hohe Qualität im Sinne nationalsozialistischer Ästhetik. […]

Die Kunst Peiners war keine volksverbundene Kunst, die der 'einfache Mann des Vokes begreift', wie [Hermann] Göring in der […] Eröffnungsrede der HGM ausfürte; das Gegenteil war der Fall. Peiners Kunst war weder vor noch nach 1933 für das 'Volk' gemalt, sondern immer für eine elitäre Gesellschaftsschicht. Seine Arbeiten sind der Inbegriff einer Bildungskunst des 'Dritten Reiches'. Sie sind weder 'harmlos', 'vordergründig' oder gar 'banal'.» (Hesse, 1995, S. 331–334)

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