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dieser beitrag wurde verfasst in: deutsch (ger/deu/de)

künstler: Ferdinand Grosshardt

titel: Pigalle

jahr: 1950/51 ausgeführt. 2013 abgelöst, 2014 teilweise neu montiert

adresse: Kino Stüssihof, Saal Pigalle, Marktgasse 23 (1. Obergeschoss), Zürich (ehemals: Pigalle Bar, Haus zum Goldenen Schwert, Marktgasse 14, Zürich)

+: Das Mosaik wurde anlässlich des Umbaus des Hauses Schwert 2014 und der damit verbundenen Schliessung abgenommen und im Foyersääli des Kinos Stüssihof in dessen Obergeschoss neu angebracht.

«[…] Die Homosexuellenszene fühlte sich offensichtlich wohl in der Gegend. Denn kurz nachdem Emil Bäggli das 'Goldene Schwert' gekauft und umgebaut hatte, waren die Schwulen dort wieder präsent. Diesmal war der Treffpunkt die Bar 'Pigalle'. Der mit den Jahren zur Legende gewordene Ankerplatz der Trinkfreudigen hatte unter anderem den Vorteil, dass der Eingang, dezent mit einer farbigen Laterne versehen, in einer Nebengasse lag. Und wer da am engen Elsässergässchen aus und ein ging, war für die Passanten nicht schon auf den ersten Blick auszumachen. Dem cleveren Unternehmer Bäggli war es wohl egal, woher das Geld kam. Im Übrigen war der beleibte Wirt, wie der Zürcher Werber Max Wiener erzählt, gegenüber seiner Kundschaft, egal ob homo oder hetero, stets ein toleranter, aufgeschlossener und vielseitig interessierter Gastgeber. […]

Die 'Pigalle'-Bar war von Anfang an ein Eckpfeiler in Emil Bägglis Gastrogeschäft. Im 'Goldenen Schwert' untergebracht, war die Bar nur über ihren etwas versteckten Eingang in der engen Elsässergasse zugänglich, was jenen Gästen, die Diskretion suchten, offenbar sehr angenehm war. Der kleine, schummrig-intime Raum, der vorzugsweise von Schwulen frequentiert wurde, erhielt zu Beginn der 1960er- Jahre seinen schönsten Schmuck: ein fast zweieinhalb Meter hohes Wandmosaik. Es war hinter der hufeisenförmigen Bartheke angebracht und – je nach Quelle – entweder von Schülern der Zürcher Kunstgewerbeschule oder von einem anonym gebliebenen Tessiner Künstler gefertigt worden. Das Wandmosaik zeigt eine Strassenszene auf der Place Pigalle, Inbegriff der Pariser Sinneslust. Ein Flic regelt den Verkehr, man sieht einen gelben Deux-Chevaux, und Leuchtreklamen animieren zum Besuch des Nachtklubs 'Au Néant' und des Dancings 'Au Chat Noir'. Die Szenerie umrahmt die wie ein Banner gespannte Aufschrift 'Pigalle Bar'. Das Mosaik wurde vor dem Abbruch des Hauses sorgfältig abgetragen und ist jetzt in 'Edi's Weinstube' am benachbarten Stüssihof zu besichtigen.» (Franzen, Z'Graggen 2015, S. 149–153)

«Das absolute Bijou ist die Salle Pigalle: Hier findet man das einmalige Mosaik wieder, das in der nahen 'Pigalle-Bar' die Wand verzierte. Das Mosaik wurde 1956 von einer Klasse der Kunstgewerbeschule geschaffen und ist längst Kult. Die Zukunft des Mosaiks war im Zusammenhang mit dem Umbau des Hotels «Zum Goldenen Schwert» an der Marktgasse 14 in ein Laden- und Wohnhaus höchst ungewiss. Niemand wollte es haben, denn es war ja untrennbar mit der Mauer verbunden, die eingerissen werden sollte – und der Bauherr Beat Curti war bereit, es abzutreten. In Sorge um dieses Werk wandte sich Hansruedi Diggelmann, der in der Nachbarschaft arbeitet, an Peter Preissle mit dem Anliegen, das Mosaik irgendwie zu retten und wieder aufzubauen. Und genau das ist nun geschehen.

Die Steinchen einzeln herauszulösen und wieder zusammenzusetzen wäre ein unmöglicher Aufwand gewesen. Portugiesische Arbeiter hatten schliesslich die Idee, wie das Ablösen zu bewerkstelligen wäre: So wurde das Mosaik in etwa fünfzig Zentimeter breite Bahnen unterteilt, mit einer starken Folie beklebt und danach jeweils eine mehrere Zentimeter dicke Schicht der Mauer samt Mosaik herausgefräst. Und so konnte man schliesslich das ganze Bild im ersten Stock des Kinos Stüssihof, in der Salle Pigalle, wieder aufbauen. Und um die Nerven nicht unnötig durchhängen zu lassen, musste im Saal eine Biegung der Wand fabriziert werden, um die entsprechende Rundung der Mauer in der ursprünglichen Bar Pigalle zu erreichen, über die das Mosaik sich erstreckte.» (Melliger, 2014)

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