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dieser beitrag wurde verfasst in: deutsch (ger/deu/de)

titel: Wandgemälde, Scagliolen, ornamentale Mosaiken, Baukeramik etc.

jahr: um 1953

adresse: Stalinallee, Berlin

+: «Die Stalinallee als komplexes Gestaltungsvorhaben begründete eine folgenreiche Tradition in der architekturbezogenen Kunst der DDR, die auf das ganze Vorhaben zugeschnitte thematische Kunstkonzeption, die dann auch in den anderen industriellen und kulturellen Zentren der DDR […] zur Anwendung kam. Dies bedeutet: Ausgehend von der übergreifenden politischen Einordnung ('Der Charakter der ersten sozialistischen Strasse der Hauptstadt Deutschlands muss in den Inhalten und Formen der Kunstwerke klar zum Ausdruck kommen') und der städtebaulichen Gesamteinordnung ('Die Ausgestaltung der Stalinallee muss im Hinblick auf die gesamte Neugestaltung der Hauptstadt erfolgen, vor allem muss sie in richtiger Beziehung stehen zu den Strassenabschnitten: Brandenburger Tor — Marx-Engels-Platz — Alexanderplatz') wurde eine Hierarchie der Bedeutungen entwickelt: Die Gesamtstrasse untergliederte man in fünf Teilbereiche, und für jeden Teilbereich vergab man ein künstlerisches Generalthema:
1. Abschnitt: 'Kampf um die Befreiung des deutschen Volkes. 1815, 1848, 1918, 1920, 1933, 1945 bis zum Kampf um die nationale Souveränität in der Gegenwart.'
2. Abschnitt: 'Stalin und Deutschlands befreiung vom Faschismus durch die Rote Armee, die deutsch-sowjetische Freundschaft, die Hilfe der Sowjetunion beim wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Wiederaufbau.'
3. Abschnitt: 'Die sozialistische Freundschaft. Freundschaft der Völker, der Sportler, der Jugend, der Arbeiter, der deutschen Menschen in Ost und West.'
4. Abschnitt: 'Vorwärts zum Aufbau des Sozialismus. Seine Verkündigung, Grundsteinlegungen und Richtfeste in der Stalinallee, sozialistischer Wettbewerb, Produktionsgemeinschaften, nationale Verteidigung, Kulturstätten, Kampf um den Frieden.'
5. Abschnitt: 'Der Ruhm der Arbeit. Aus der Aktivistenbewegung, Helden der Arbeit, fortschrittliche Techniker und Ärzte, Künstler und Wissenschaftler, volkseigene Betriebe, die grossen Plänne, Verbesserung der Produktion und des Lebens, Wachsamkeit.'

[…]Es lässt sich also insgesamt betrachtet bei diesen Kunstkonzeptionen folgendes Schema aufstellen: Übergreifende politische Zielstellung des Gesamtvorhabens — Formulierung eines dieser Zielstellung entsprechenden Generalthemas — Formulierung von dem Generalthema entsprechenden Abschnittsthemen — Formulierung von Konkretisierungsthemen, die sich den Anschnittsthemen inhaltlich zuordnen. Die strukturelle Einbindung der Kunst erfolgte letztlich nach dem gleichen Schema. Dies bedeutet: Am wichtigsten Standort wurde das Generalthema bildhaft dargestellt. Im Falle der Stalinallee, die dem Prinzip der barocken Teleskopachse folgt und absichtsvoll als Pendant zur heutigen Strasse des 17. Juni zu gelten hatte, wäre dies der Strausberger Platz gewesen, den auch die Kunstkonzeption als 'Schwerpunkt der Allee' auffasste. […] Die Abschnittsthemen wurden an den am meisten sichtbaren Standorten, den Tympanon- un Hausdurchgangsfriesen, der einzelnen Blockbebauungen realisiert. Die Konkretisierungsthemen wiederum finden sich in Seitenabschnitten der Gebäude und ziehen sich, immer volksnäher und gefälliger werdend — erinnert sei an die Scagliolien für die Müllschluckerabdeckungen — bis in den Wohnbereich hinein.» (Guth 1995, S. 107—108)