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dieser beitrag wurde verfasst in: deutsch (ger/deu/de)

künstler: Karl Völker

titel: Jesusgeschichte. Sündenfall. Apostel- und Heiligendarstellungen. Kapellfenster

jahr: 1947–48 (oder 1947–56)

adresse: Thomaskirche, Erfurt, Thüringen, Deutschland

+: 7 Glasfenster, realisiert von Firma Kraus, Weimar, im Auftrag der evangelischen Kirche Erfurt

«Die gewählte Formensprache dieser Glasmalereien verrät eine behutsame Moderne sowohl mit schwachen expressiven Anleihen und Bezügen zur strengen Gesichtskonturierung seiner Malerei aus den 1920er Jahren als auch eine Art gemildertes Nazarenertum. Entscheidend bleibt der Versuch — und dies gilt auch für die frühen Glasarbeiten mit alt- und neutestamentarischen Darstellungen von Charles Croddel im Merseburer Domchor (1947/49) —, eine stilistische Beziehung zur Bauzeit der Kirchen und zu den im städtischen Umkreis vorhandenen Fenstergestaltungen herzustellen. Dieses nachempfindende (nicht restauratorische) Moment lässt sich gut im Vergleich zu den alten Fenstern im Erfurter Dom mit der reichen Strukturierung der Binnenfiguren bei den Zentralgestalten erkennen. Interessant ist, dass Völker auch eine logischee Erzählstruktur aufbaut, wie sie tradierten Kirchenfenstern eignet. So gibt etwa das Christusfenster ('Jesus rex mundi') die Jesus-Vita gleichsam vertikal von der Geburt bis zur Auferstehung in drei gestaffelten Rundscheiben wieder, während in der mittleren der drei Längsscheiben Maria auf dem Thron das Bildzentrum markiert. Doch in dieser scheinbar ausschliesslich tradierten ikonographischen Situation bringt Välker auch Gegenwartsbezüge ein: In den beiden unteren Vierteln der rechten und linken Längsscheibe mit Erzengeldarstellungen befindet sich jeweils eine Gruppe: links zwei Verharrende, Zögerliche (von einem Spinnweb charakterisiert) und rechts eine Dreiergruppe: ein Gestürzter, ein um Hilfe Rufender und ein Resignierter. In diesen Details klingt die Bildwelt jener Jahre auf: man ist natürlicch an Lachnits 'Tod über Dresden' (1945) oder Horst Strempels 'Nacht über Deutschland' (1946) erinnert. Und Välker selbst hat ja mit seinem Bild eines Gefangenen (1946), einer sitzenden, ins Leere blickenden Figur, die Situation der Verzeiflung malerisch gefasst.» (Guth 1995, S. 63—64)