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dieser beitrag wurde verfasst in: deutsch (ger/deu/de)

künstler: Rudolf Bergander

titel: Hausfriedenskomitee

jahr: 1952

adresse: Staatliche Kunstsammlungen, Galerie Neue Meister, Dresden

+: Öl auf Leinwand, 130x170 cm

«Die vom Bitterfelder Weg verordnete Auseinandersetzung der bildenden Kunst mit dem Alltag der Werktätigen in den Betrieben und Kombinaten evozierte die Generierung zweier Bildtypen, die bis Ende der 1960er Jahre die künstlerische Entwicklung in der DDR entscheidend prägen sollten: Zum einen entstanden zahlreiche Arbeiterbildnisse, die keinerlei individuelle beziehungsweise charakteristische Wesenszüge aufwiesen, dafür aber Selbstbewusstsein, Optimismus und Arbeitseifer ausstrahlten und somit dem Typus des neuen sozialistischen Menschen huldigten. Zum anderen riefen so genannte „Brigadebilder", „Produktionsgruppenbilder" beziehungsweise „Diskussionsbilder" aus dem Kontext Industrie und Landwirtschaft, die gewissermaßen in Anlehnung an das niederländische Gruppenportrait des 17. Jahrhunderts entstanden, zur Mitgestaltung der sozialistischen Gesellschaft auf, indem sie das kollektive Arbeitsprinzip glorifizierten. Exemplarisch für derartige Werke ist Rudolf Berganders „Hausfriedenskomitee" oder Willi Neuberts „Parteidiskussion".» (aus: Kenzler 2010, S. 63)

«Lob für seinen ideologischen Inhalt erhielt auch Rudolf Berganders 'Hausfriedenskomitee'. Dieses bereits 1952 entstandene Bild wurde quasi zum Ersatz des Familienbildes, indem es den Geist kollektiven Lebens in den Bereich des Wohnens und der Freizeit hineintrug. Doch stilistisch war dieses heute als Prototyp des Aufbaubildes gefeierte Gemälde in den fünfziger Jahren zahlreichen Angriffen ausgesetzt, die den ehemaligen Veristen bergander in den Realismus-Formalismus-Streit verwickelten. Wie vordergründig die Argumentationskriterien dieser Stildiskussion in der DDR damals waren, vermag die Kritik von Kurt Magritz an Berganders 'Hausfriedenskomitee' beispielhaft zu belegen: 'Sosehr man das Bestreben der Künstler anerkennen muss, den lebendigen Reichtum unseres Lebens in vielfigurigen Kompositionen wiederzugeben, sosehr ist die Vernachlässigung der grundlegenden Kompositionsregeln zu beklagen. Auf dem Gemälde 'Hausfriedenskomitee' von Professor Bergander, das sich durch einen guten ideellen Gehalt auszeichnet, ist die zentrale Gestalt, die den Inhalt des Gemäldes in der Hauptsache zum Ausdruck bringen soll, in den Vordergrund gerückt, aber in der Rückansicht gegeben. Um dennoch die Idee darzulegen, ist der Künstler gezwungen, dieser Figur eine gezwungene Profilstellung des Kopfes zu geben. Durch diesen Mangel in der Komposition verdirbt sich der Künstler den natürlichen Fluss der Bewegung. Es ist eine falsche Methode, für das volle Verständnis des Bildes unerlässliche Figuren in der Rückansicht zu geben.'

Dass Berganders Gemälde dann aber doch in den ausgehenden fünfziger Jahren zum gefeierten Muster eines sozialistischen Diskussionsbildes wurde, führte der Maler selbst auf den Erfolg des 'Hausfriedenskomitees' auf Ausstellungen im Ausland zurück, wo man den sicheren Pinselduktus eines Berufskünstlers sehr deutlich von den zahlreichen Laientalenten unterschied, die sich am sozialisch-realistischen Themenkatalog eifrig beteiligten und die von der Partei wegen ihrer 'volksnahen' Malweise grusszügig mit Hilfe der staatlichen Ankaufspolitik gefördert wurden.» (aus: Thomas, 1980)