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dieser beitrag wurde verfasst in: deutsch (ger/deu/de)

künstler: Ernst Müller-Gräfe

titel: Glück und Leid des Menschen

jahr: 1911–22

adresse: Lindenau-Museum (Treppenhaus), Altenburg, Deutschland

+: Wandgemälde. Kasein- und Ölmalerei auf Putz. 3x ca. 3,50 m x 10 m. 1937 übermalt

«Ernst Müller- Gräfe (1879–1954) hatte den Auftrag in Altenburg im Gegensatz zu Er­ich Heckel und Alfred Hanf jedoch schon vor dem Ersten Weltkrieg erhalten und mit Entwürfen begonnen; der Zyklus wurde schließlich 1922 vollendet. […] Diese Treppenhausausstattung wurzelt also in vorrepublikanischer Zeit und soll vorab kurz erwähnt werden. Bei dem Gebäude des Lindenau-Museums handelt es sich um einen Museumsbau des 19. Jahrhunderts in einer klassischen Gemäldegalerie-Archi­tektur, der von Julius Robert Enger (1820–1890), einem Schüler Gottfried Sempers, nach dem Vorbild der Alten Pinakothek in München 1874/75 errichtet worden war.

Müller-Gräfe war im Jahr 1911 mit der Ausmalung des Treppenhauses im Linde­nau-Museum beauftragt worden und erhielt für die ersten Kartons bereits 1913 den Großen Sächsischen Staatspreis (Rompreis). Bis 1914 arbeitete er an zahlreichen Entwürfen, von denen er zwei Werke in einer ersten Fassung noch vor Kriegsaus­bruch auf der Wand umsetzte. Diese Fassung überarbeitete er nach Kriegsende jedoch und kam 1922 schließlich zur endgültigen Version von drei großformatigen, expressiven Einzelwerken im Treppenhaus des Museums. 1928/29 konnte er im Kre­matorium in Altenburg einen weiteren Auftrag ausführen und die Kuppel ausmalen, wie sie heute noch erhalten und sichtbar ist.

Der Museumszyklus wurde 1937 im Rahmen der Aktion 'Entartete Kunst' über­malt und war seitdem nur während der Sanierung des Gebäudes in den 1990er-Jahren vorübergehend freigelegt, bevor er wieder mit Tapete verdeckt wurde. […]

Mithilfe großer, auf ihre wesentlichen Formen reduzierter menschlicher Gestal­ten, die er in eine expressionistische Farblandschaft einbettete, stellte der Künstler Glück und Leid des Menschen dar. Der Katalog zur Gedächtnisausstellung Mül­ler-Gräfes, die das Lindenau-Museum 1955 zeigte, beschreibt diese letzte Fassung folgendermaßen:

'Jetzt sah man rechts Badende, also Menschen im Glück des Daseins, in der Mitte Menschen in der Arbeit, Getreideernte und Obsternte, und links Menschen im Leid, Flüchtende und Vertriebene.'

[…] Er bezog sich mit diesen Werken nicht auf die Sammlung des Museums, sondern entwarf ein zyklisches Geschichtsbild, das zum architektonischen Auf und Ab des Treppenhauses gleichsam ein malerisches Pendant schaffen sollte. Durch die starke Farbigkeit und die expressive Formensprache entstand jedoch kein ausgewogenes Miteinander. Jutta Penndorf charakterisiert die Werke gar als 'die Sammlungen des Lindenau-Museums übertönend.'

» (Schuler 2017, S. 282–283)