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dieser beitrag wurde verfasst in: deutsch (ger/deu/de)

künstler: Carl Bantzer

titel: Der Weg des Lebens

jahr: 1927–30

adresse: Rathaus, Marburg, Deutschland

+: Kasein und Öl auf Leinwand, 2,4 x 4 m. Auftraggeber: Stadtverordnung Marburg, Finanzierung durch Bankhaus Baruch Strauss

«[Bantzers] Monumentalwerk in Marburg zeigt den Lebensweg mittels zeitgenössischer Ständevertreter, die die städtischen Bevölkerungsgruppen Marburgs repräsentieren. Es entstand in den Jahren 1927–1930 als grossformatige Kasein- und Ölmalerei auf Leinwand, die durch einen dunklen Rahmen zwar eingefasst, durch diesen aber zugleich genau in die Raumausstattung eingepasst war. Das Werk ist nach wie vor im Marburger Rathaus enthalten.

Wie viele der historischen Rathäuser entsprach auch das Marburger nach der Jahrhundertwende nicht mehr den Ansprüchen einer modernen Verwaltung und dem gestiegenen Platzbedarf. Infolgedessen wurde es umfassend renoviert und erweitert. Die dabei entdeckten Renaissancefresken von Thomas von Basel aus dem Jahr 1551 wurden zu dieser Zeit jedoch wieder abgedeckt – heute ist nur noch die Stadtgerichtssitzung aus diesem Zyklus an der südlichen Wand der grossen Ratsstube zu sehen. Es ging um eine einheitliche Neugestaltung, in deren Konzept diese historischen Werke offenbar nicht gepasst hätten. Die Finanzierung des neuen Wandbildes von Carl Bantzer wurde durch eine Stiftung des Bankhauses Baruch Strauss ermögicht, und das Bildprogramm wurde daraufhin in enger Abstimmung zwischen Geldgeber, Stadtverordneten und Künstler entwickelt.

Da ein Gemäldezyklus von Peter Janssen in der Universitätsaula (1893–1903) bereits die wichtigsten historischen Ereignisse der Marburger Stadtgeschichte darstellte, fiel die Wahl für das Rathausbild auf das Thema der Lebensalter. Als ein alle Menschen betreffendes, existenzielles Thema konnte es einerseits ein Gesellschaftsideal vermitteln und zugleich an die lange Tradition der Lebensalterdarstellungen anknüpfen.

[…] Im Marburger Weg des Lebens wird im zentralen Sitzungssaal also vor allem Traditionsbewusstsein vermittelt und an das regionale und nationale Selbstbewusstsein appelliert, das sich nun nicht mehr wie im 19. Jahrhundert aus dem Bekenntnis zu Kaiser und Reich, sondern vielmehr zur Volksgemeinschaft speist.» (Schuler 2017, S. 179–180)