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dieser beitrag wurde verfasst in: deutsch (ger/deu/de)

künstler: Heinrich Campendonk

titel: Schwörende Frauen. Reichsadler, Eulen

jahr: 1929

adresse: Regierungsgebäude (Sitzungssaal), Pila, Polen (ehemals: Schneidemühl, Deutsches Reich)

+: Wandgemälde, ca. 5 x 8,35 m. Vermutlich nicht erhalten

«Als anti-illustrative, monumentale Lösung kann vielmehr Campendonks Wandbild an der Stirnwand des Sitzungssaales im neu errichteten Regierungsgebäude in Schneidemühl (Bauzeit 1926–1928) charakterisiert werden. Campendonk legte sein Wandbild ebenfalls auf die gesamte zur Verfügung stehende Fläche zwischen Decke und Lamperie aus, jedoch stand ihm mit ca. 5 x 8,35 m eine ungleich größere Fläche zur Verfügung. Campendonk hatte den Wettbewerb für dieses Wandgemälde mit einem Entwurf eines überlebensgroßen Adlers gewonnen, dessen Schwingen die gesamte Wandfläche überspannen. Er bildet auch im aus­ geführten Werk das zentrale Motiv, das um die drei schwörenden Frauen – wie der Künstler selbst das Wandbild auch betitelte - in der linken Bildhälfte sowie um zwei fliegende Eulen im rechten Bildvordergrund erweitert wurde. Campendonk gestal­ tete seine Komposition ausgesprochen flächig, strukturiert durch klare grafische Umrisse und Formen, die sich gegenseitig überlagern. So entstand ein dichtes, flächiges Bildgeflecht, das sich über die ganze Wandfläche ausbreitet. Auch inhaltlich überlagern sich die drei Motive und formulieren so die regional- bzw. nationalpoliti­sche Aussage des Werks […]: Die drei schwörenden Frauengestalten können als Schicksals­göttinnen – die drei Nornen – und zugleich als Stellvertreterinnen für das Volk der Grenzmark gelesen werden, das 1919 entgegen den Vereinbarungen des Versailler Vertrages über die Zugehörigkeit der Grenzmark Posen-Westpreußen zum Deut­schen Reich abgestimmt hatte; die Eulen als Symbole der Weisheit bezeugen den Schwur auf der anderen Bildhälfte. Beide finden unter den Schwingen des Reichsad­lers Schutz. Die Anklänge an die antike bzw. nordische Mythologie werden so in die unmittelbare jüngere Vergangenheit versetzt und erinnern an die mittlerweile zehn Jahre zurückliegende Abstimmung: Als Verkörperungen von Vergangenheit, Gegen­wart und Zukunft scheinen die Nornen im Schutz des Reichsadlers zu versprechen,

^dass Schneidemühl deutsch war, deutsch ist und deutsch bleiben sollte.'

Uber die reine Wandmalerei hinaus gestaltete Campendonk auch den restlichen Raum durch Glasfenster und Farbgestaltung, wodurch eine umfassende künstlerische Aus­stattung in Anlehnung an die Idee des Gesamtkunstwerks realisiert werden konnte.»

(Schuler, 2017, S. 194)

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