www.mural.ch: akteure

dieser beitrag wurde verfasst in: deutsch (ger/deu/de)

name: Stam

vorname: Mart (Martinus Adrianus)

gnd-repräsentation: 119039885

biografische angaben: * 5. August 1899 in Purmerend, Niederlande; † 23. Februar 1986 in Goldach, Schweiz. Niederländischer Architekt und Designer

«1926 erfand und entwarf er den ersten Freischwinger, den Marcel Breuer schließlich weiterentwickelte. Von 1930–1934 war er zusammen mit seiner Frau Lotte Stam-Beese (1903–1988) Mitglied der „Brigade May“ und an den Planungen für die sowjetischen Städte Magnitogorsk, Makijiwka und Orsk beteiligt. 1935 kehrte er in die Niederlande zurück, und 1939 wurde er Direktor des Instituts für Kunstgewerbeunterricht in Amsterdam.

Stam lebte ab 1948 in der DDR und war zunächst Rektor der Dresdner Akademie der Künste und der Hochschule für Werkkunst, ab 1950 Rektor der Hochschule für angewandte Kunst Berlin-Weißensee (KHB), die er infolge der Formalismusdiskussion Ende 1952 verlassen musste. 1955 machte er sich in den Niederlanden selbstständig, 1966 zog er in die Schweiz, wo er 1923–1925 bereits mit El Lissitzky gearbeitet hatte.» (Wikipedia)

«Vor allem an der neugegründeten Kunsthochschule Weissensee im Berliner Norden versuchten die kulturpolitischen Kader der SED ein parteikonformes Ausbildungssystem zu etablieren. Die konkrete Realisation sollte von dem niederländischen Architekten und ehemaligen Bauhäusler Mart Stam geleistet werden. Mart Stam hatte 1948 in Dresden die Leitung der Hochschule für Werkkunst und das Rektorat der Akademie der bildenden Künste in Personalunion übernommen. Seine Absicht, beide Einrichtungen zu einer 'Gesamthochschule unter dem Primat der Architektur' zu verschmelzen, provozierte seinerzeit den massiven Widerstand der in Dresden dominierenden und die klassischen Kunstgattungen lehrenden ASSO-Vertreter um Hans und Lea Grundig, Wilhelm Lachnit und Eugen Hoffmann. Stam, der die Zukunft einer Gesamtkunsthochschule nicht mehr in der Pflege handwerklicher Technik, sondern in der Ausrichtung auf die Industrieproduktion sah, nahm daher 1950 die Berufung an die neue Berliner Kunsthochschule Weissensee an und führte schon unmittelbar nach Antritt des Rektorats zahlreiche Neuerungen ein, die auf ein Studium im 'Produktionskollektiv' hinausliefen. Dabei übernahm er die für die klassische Bauhaus-Ausbildung signifikante Formendisziplin als zentrales Instrument der ästhetischen Erziehung, ersetzte aber die Zielausrichtung der Bauhaus-Lehre auf die Moderne durch die kollektive Orientierung an sozialen Prozessen.

In diesem Kontext förderte Mart Stam auch mit Nachdruck die kollektive, architekturgebundene Wandmalerei, mit der sich die Künstler Arno Mohr, Horst Strempel und René Graetz bereits 1949 an der Zweiten Deutschen Kunstausstellung in Dresden beteiligt hatten. Ihr in Dresden gezeigter Wandbildentwurf 'Metallurgie Hennigsdorf' geriet jedoch trotz ideologischer Systemnähe wie die gesamte Konzeption der Zweiten Deutschen Kunstausstellung in den Sog der Formalismus-Debatte. […] Mart Stam, für den die Wandbildmalerei nicht zuletzt durch die grosse internationale Resonanz auf den sozialistisch orientierten Muralismus der Mexikaner Rivera, Orozco und Siqueiros ein zentrales Segment seiner Ausbildungskonzeption darstellte, wurde von den Formalismus-Diskussionen derart zermürbt, dass er 1953 nach seiner Entlassung die DDR verliess und sich als freier Architekt wieder in den Niederlanden etablierte.» (Thomas 2002, S. 83—85)