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"Wandmalerei der Moderne", "Muralismus": Eingrenzungen

Die moderne Monumentalmalerei könnte vereinfacht als diejenige bezeichnet werden, die im Gegensatz zur Monumentalkunst bis 1800 nicht dank, sondern trotz der historischen Gegebenheiten existiert. Ihre Programmatik bezieht sie aus der Notwendigkeit, einem Defizit etwas entgegen zu setzen.

Das Wand- oder Monumentalgemälde als Bestandteil eines Gebäudes nach 1840 scheint seit Beginn ein Paradox darzustellen. Wie Golan (2009) und auch Bätschmann (1997) darstellen, ging die Ausstattung von öffentlichen Gebäuden seit der französischen Revolution respektive der Entstehung eines Kunstmarkts in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts von der Pariser Ecole des Beaux-Arts aus und bestand im 19. Jahrhundert in der Regel aus Leinwänden, die an Messen wie dem Salon d'automne und anderen Ausstellungen dem Publikum präsentiert wurden, bevor sie an der zugedachten Wand fest angebracht (meist maroufliert) wurden. Seither stand das Wandgemälde stets im Spannungsfeld zwischen dem Bedürfnis des Markts nach Omnipräsenz des Werks und denjenigen der Künstler oder von Institutionen nach Verewigung. So sind Monumentalwerke "moderner" Künstler von Delacroix' Ausstattung des Palais Bourbon 1841 bis zu Le Corbusiers Tapisserien in Chandigarh 1952 oft keine "echten", fest mit dem Gebäude verbundenen Murals. Selbst Diego Rivera, dessen Name zum Synonym des modernen Muralisten wurde, produzierte angesichts der von ihm als kurzlebig wahrgenommenen Architektur ab 1931 oft Fresken auf mobilen Trägern. In diesem Sinne wird im folgenden anstelle von Wandmalerei verallgemeinernd die Begriffe "Monumentalmalerei" und "Monumentalkunst" verwendet, während der Begriff "Muralismus" im engeren Sinn die Wandbildkunst der 1920er- und 1930er-Jahre meint, die unter dem Einfluss des mexikanischen Muralismus (ab 1921) und der nordamerikanischen Public Art der New-Deal-Ära (ab 1934) steht.

Programmatisch erlebte der Muralismus seinen Höhepunkt in den 1930er-Jahren, um nach 1960 seine Bedeutung praktisch ganz einzubüssen. Nichts desto trotz hat der moderne Muralismus und seine Vorläufer und Nachfolger die Umwelt, im Zusammenspiel mit der Architektur und der Umgebung, geprägt. Einige Werke haben inzwischen den Denkmalstatus erhalten. Sie dokumentieren, wie bildnerische Interventionen im architektonischen Kontext, im Stadtraum oder in der Landschaft zum Tragen kommen oder manchmal auch scheitern.