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dieser beitrag wurde verfasst in: deutsch (ger/deu/de)

Graffiti auf dem Weg zur Streetart

Das Taggen von Mauern diente der territorialen Abgrenzung von Banden oder, seit ca. 1970, dem Erringen von Fame, einem relativen Bekanntheitsgrad innerhalb einer Subkultur. Die öffentlichen Gemeinwesen verfolgen seit einiger Zeit oft die Doppelstrategie der Förderung und damit Legalisierung einiger Writer, während die Spuren der übrigen Akteure auf wenige Orte begrenzt und sonst konsequent entfernt werden. Inzwischen sind manche Writer – zu Streetartisten mutiert – in den Kunstmarkt eingetreten und arbeiten auf Leinwand. Gleichzeitig schwindet in vielen Städten der Raum für Graffiti.

Die Verschränkung von Förderung und Ausgrenzung zieht zuweilen harsche Auseinandersetzungen in der Szene nach sich. One Truth gehört in Zürich zu den geförderten Crews. Die Stadtverwaltung empfiehlt sie auf ihrer Homepage für die Ausführung von legalen, bezahlten Aufträgen. 2016 wurde ein prominentes Fassadenbild der Crew mit Farbe aus dem Feuerlöscher gecrosst, vermutlich von der Konkurrenz im Untergrund.

Lek und Sowat, altgediente Mitglieder der Pariser Writerszene, kuratierten 2010 eine Résidence artistique sauvage und inszenierten mit der 2012 dazu herausgegebenen Publikation den Abgesang auf eine ihrer Ansicht nach zu Ende gehende Epoche.

Das 5 Pointz Aerosol Art Center / Institute for Higher Burning in Queens war ein Rückzugs- und Experimentierort des New Yorker Graffiti. 2014 wurde das Gebäude planiert, an seiner Stelle wurden Wohnhochhäuser errichtet.

Junge Bewohner eines mexikanischen Barrios haben sich einen niederschwelligen Markt erschlossen, der es ihnen ermöglicht, ihre Wandbilder am hellichten Tag an privaten Hauswänden anzubringen. Die Besitzer stellen ihnen die Wände zur Verfügung. Die Gemälde werden wasserlöslich ausgeführt und verschwinden mit der Zeit von selbst wieder. Die Sujets sind volkstümlich. Helden der mexikanischen Geschichte, Elemente der aztekischen Bildwelt und Mariendarstellungen kommen nebeneinander vor.

Ericailcane, Tepito Ein Künstler, der den Schritt in den Kunstmarkt getan hat, jedoch weiterhin unter seinem Pseudonym grosse Werke im öffentlichen Raum realisiert – ein Teil im Auftrag, ein Teil weiterhin an besetzten Gebäuden, ist der Norditaliener Ericailcane. In Mexico City setzen seine Werke einen Kontrast sowohl zum historischen Muralismus als auch zum Graffiti. Vom ersteren hebt er sich durch Nonkorformismus und Subversion ab, von letzteren durch die grafische Sicherheit und Professionalität.