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Ausgegraben: Das «Mural Manual» von Mark Rogovin, Marie Burton und Holly Highfill

Alex Winiger, 2018

Ill. Rogovin 1973

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Die Verdankungen dieser bemerkenswerten Publikation enthalten eine aufschlussreiche Liste von Namen von Muralisten und Muralismusexperten in den Vereinigten Staaten zu Beginn der 1970er-Jahre. Drei Gruppen lassen sich ausmachen: die Aktivisten der Zeit, der 1968er-Bewegung zugehörig, geboren um 1945 wie die Autoren; erfahrene Nachkriegsaktivisten der Bürgerrechtsbewegung wie William Walker; und schliesslich noch lebende Veteranen der New Deal-Ära wie Anton Refregier. Eine Gruppierung schliesslich fehlt: die Graffiti Writer.

Die Broschüre enthält jede Zutat der politischen Bewegungen der Zeit: das politische Bekenntnis («Solidarität mit Chile», Bürgerrechte, Widerstand gegen Unterdrückung etc.), ein partizipatives Konzept, gemeinschaftliches Denken und Handeln, Arbeiten für die Gemeinschaft, Arbeit für Mittellose, Selbstbestimmung.

Das Handbuch berührt neben wohlfundierten technischen Ratschlägen organisatorische, rechtliche und finanzielle Fragen. Kein überflüssiger Gedanke ist es zum Beispiel, zu einem symbolischen Betrag einen Mietvertrag über das verwendete Stück Wand aufzusetzen. Er bietet den Autoren des Werks eine Handhabe für den Fall eines Besitzerwechsels oder eines Bauprojekts, die die Existenz des Werks bedrohen könnten. Für das Werk ausserdem vertraglich einen monetären Wert festzusetzen erfüllt zwei Funktionen: es erhöht die Hemmschwelle zu seiner Zerstörung und hebt ausserdem das Selbstwertgefühl seiner Schöpfer.

Gemäss Rogovin kamen 14‘000 Exemplare des Handbuchs in Umlauf, und viele Gemeinschaften arbeiteten damit. Nichtsdestotrotz war die grosse Zeit des Muralismus 1975 vorüber. Etwas Aufwind erhielt die Bewegung im Vereinigten Königreich im Rahmen der politischen Bewegungen der 1980er-Jahre, besonders in Nordirland. In den USA starb sie nie ganz, nicht zuletzt dank der der Unterstützung durch Schulverwaltungen, Kunstprozente und dergleichen. Doch neue Akteure, die Writer und ihnen nachfolgend die Street-artists, bereits auf dem Plan seit Ende der 1960er-Jahre, entwickelten rasch eine übermächtige Präsenz, verdeckt arbeitend, eher als Bande denn als Gemeinschaft auftretend und nicht auf Politik festgelegt, sondern eher an Selbstdarstellung und Branding interessiert.

Dennoch bietet das Buch auch 2018 noch nützliche Unterstützung. «Schiebe nie ein Rollgerüst alleine.» Man lese: Arbeite nicht alleine.

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